Klein aber fein war der heutige Baum-Flashmob. Der Mob bestand aus sechs Menschen (2 davon waren spontane Parkbesucher, 2 treue Freunde ♥) und einem Hund. Und war wegen Kälte schnell vorbei, schade, sonst wären wir doch noch mehr geworden, wie ich im Nachhinein erfahre...
Mein Lieblingsbaum im Schlosspark Bad Homburg lässt sich jedenfalls mit 5 Erwachsenen umarmen, Lucie war Zeugin, der BEDW Fotoreporter.
Leider war der Boden trotz Decke zu kalt, um heute sehr lange am Stamm sitzend zu meditieren. Für die Märchenlesung begaben wir uns zur Schlosstreppe, um die Zeder noch einmal aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten.
Das Märchen vom Zedernbaum
aus Persien
aus Persien
Es waren drei Kaufleute, die gingen über einen Bergpass hinüber, um verschiedene Geschäfte in den Ebenen zu machen. Der eine war ein Seidenhändler, der zweite war ein Juwelenhändler, der dritte aber war ein Künstler. Er schnitt in Holz das was er sah und was er erlebte. Man kann ihn eigentlich keinen Händler nennen, denn er behielt das, was ihm besonders gefiel und verkaufte das Misslungene. Sie kamen zu dritt auf diesen Bergpass und der Schnee lag so hoch und die Stürme wehten so schrecklich, dass sie nicht weiter gelangen konnten und in einer kleinen Hütte, die da oben als Unterkunft vorhanden war, verblieben.
Die Zeit verging und der Künstler füllte sie damit aus, dass er aus einem in der Ecke liegenden Zedernstamm, den die anderen eigentlich verfeuern wollten, begann, das was ihm vorschwebte in dieser Schneedämmerung, vor seinem Auge schwebte, zu schnitzen. Und er schnitzte das Bild eines Weibes, des ersehnten Weibes, das der Künstler ja immer wieder vor sich sieht. Und dann war es kein Zedernstamm mehr, sondern ein schönes Weib, das dort stand. Allerdings in der Farbe des Holzes.
Sagte der Seidenhändler: "Das hast du schön gemacht, aber was ist schon ein Weib ohne Kleidung?" Und er ging an seine Bündel und holte die kostbarste Seide heraus, die er besaß und legte sie mit geschickten Händen um das Bild des Weibes herum.
Sagte der Juwelenhändler: "Gut und schön, aber ein schönes Weib verlangt Juwelen. Ich werde sie schmücken." Und er öffnete seine Bündel und hängte ihr alle Herrlichkeiten, die er besaß, um.
Da stand sie nun. Der Seidenhändler hatte zuletzt noch einen Schleier über das geschnitzte Antlitz geworfen und so sah sie völlig wie ein Weib aus.
Und kaum sehen drei Männer ein Weib, so beginnen sie zu streiten: "Mein ist sie", sagte der Künstler, "ich habe sie aus meiner Sehnsucht heraus geschaffen."
"Lächerlich", sagte der Seidenhändler, "was ist für ein Weib Sehnsucht eines Mannes. Für sie ist nur das etwas, was der Mann ihr geben kann. Ich habe ihr die prächtigste Seide meines Besitzes gegeben."
"Ach rede doch nicht," sagte der Juwelenhändler, "welche Torheit ist das? Seide? Sehnsucht? Juwelen, Pracht, Glanz! Das ist, was ein Weib verlangt."
Während sie so sprachen, geschah es, dass sich dieses Bild zu bewegen begann. Sie standen gebannt und schauten. Langsam, wie aus einem Schlaf erwachend, bewegte sich das Bild, wandte sich zum Eingang der Hütte, schritt durch den Schnee. Ja, schritt! Aber man sah keine Fußstapfen. Die Männer hinterher. Der Schneesturm, der immer noch die Höhe peitschte, schien sich wie eine leichte Wolke um das Weib zu legen. Die Männer kämpften mühsam dagegen an und so gelangten sie vielleicht um die Länge dreier Atemzüge zu spät an das Ziel, dem sie zustrebte: es war ein hoher, uralter Zedernbaum.
Die Frau war bei dem schönen, starken Baum angelangt, sie legte ihre Hände, die sich plötzlich aus dem Holz lösten flach an diesen Zedernbaum, dessen Ast das Holz einmal gewesen war, daraus sie geschnitzt war. Der Stamm öffnete sich, und die Frau setzte einen Fuß in die Öffnung, drehte sich noch einmal lächelnd zu dem um, der sie geschaffen hatte - und verschwand darin. Der Stamm hatte sich hinter ihr geschlossen, und der gewaltige Baum stand reglos, zeitfern und erhaben dort.
Die drei Männer standen frierend im Schneesturm.
Mit der Erkenntnis aber, die des Künstlers Wesen ist, sagte dieser plötzlich: "Zu seinem Ursprung kehrt jedes Ding zurück. Preisen wir Allah." Der Bildschnitzer wandte sich ab, holte seinen Mantel aus der Hütte und seine Messer und schritt, ohne Gruß und ohne sich umzuschauen, über die Passhöhe hinunter ins Tal.