*Ja, ich schreibe "mein erster", d.h. nach dieser Erfahrung kann ich mir weitere gut vorstellen, (1. ERKENNTNIS) denn am Ende war Wohliges, dankbares Weich-sein.
Ergänzung 1 Woche später und zu Frage 2 (denn eines kann und will ich doch hinausrufen):
...Am Ende war noch SO VIEL MEHR – nämlich eines DER GESCHENKE MEINES LEBENS! Meditation und Stille haben sich herausgestellt als ein kraftvolles Tool zur Prophylaxe und akuten Behandlung meiner (bipolaren) Stimmungsschwankungen samt Größenwahn oder Ängsten... bereits überprüft! Wundervoll!
Ergänzung 1 Woche später und zu Frage 2 (denn eines kann und will ich doch hinausrufen):
...Am Ende war noch SO VIEL MEHR – nämlich eines DER GESCHENKE MEINES LEBENS! Meditation und Stille haben sich herausgestellt als ein kraftvolles Tool zur Prophylaxe und akuten Behandlung meiner (bipolaren) Stimmungsschwankungen samt Größenwahn oder Ängsten... bereits überprüft! Wundervoll!
Frage 1: Nathalie & Stille/Schweigen - ist das nicht ein totaler Widerspruch in sich...?
Ja. Viereinhalb Tage und Nächte Schweigen war im Vorfeld meine grösste Herausforderung. Und ist es geblieben. Aber ich habe es geschafft. Ja, ich kann schweigen! So! Sieg! (2. ERKENNTNIS)
Am Ende bleibt wohliges, dankbares Weich-sein. Frieden. Dankbarkeit. Zuversicht.
Frage 2: Ob ich tiefgreifende Erfahrungen gemacht habe? Wenn ja, dann würde ich zur Abwechslung mal nicht alles preisgeben, sondern darüber schweigen. Wozu habe ich das gerade gelernt ;)
Frage 2: Ob ich tiefgreifende Erfahrungen gemacht habe? Wenn ja, dann würde ich zur Abwechslung mal nicht alles preisgeben, sondern darüber schweigen. Wozu habe ich das gerade gelernt ;)
Frage 3: "Was macht man in so einem Stille-Retreat?" - beantworte ich gerne umso ausführlicher und natürlich höchst persönlich im folgenden Bericht.
Achtung – gleich zu Beginn lege ich eine Beichte ab. Über meine einzige "Mogelei": wir mussten unsere Devices nicht abgeben. Mein iPhone ist mein einziger Wecker und eine tolle Taschenlampe für ein Gruppenzimmer voller Taschen, Schlappen und Socken am Boden. Diese beiden Funktionen waren legal, alles andere nicht. Ich habe jedoch ein paar Mal den Flugmodus kurz rausgenommen und Dinge für die anschliessende Fortbildung geklärt, meinen Buchpartner vertröstet und einen Schriftwechsel, wie auch eine schweigende (!) Facetime-Session mit meinem Liebsten und unserem Hund genossen. Das war auch nötig für meinen seelischen Wiederaufbau, denn zu Anfang hat mich eine brutale Erkältung sehr sehr fies erwischt und somit (trotz Hingabe- und Akzeptanz-Übungen) stark demoralisiert. Dafür klang sie ungewohnt schell ab, glücklicherweise. Bemerkenswert, wie viele Mit-Meditierer mir aufmunternde Blicke, Taschentücher oder gar richtige Medizin schenkten. So etwas funktioniert also auch schweigend. Ich war dankbar und sehr gerührt.
Noch eines zu meinem "Fehltritt": Allzu viele und vor allem allzu strenge Regeln wecken meinen inneren Trotz und meine Renitenz. (3. ERKENNTNIS)
An die anderen Gebote habe ich mich gehalten, obwohl es mir beispielsweise auch sehr schwer fiel, nicht in meinem Ausbildungsordner für die kommende Woche oder Veits neuem genialen Buch zu lesen, was ich schon so schön begonnen hatte...
Sind Schweigen und Stille eins? Schweigen kann ich also.
Aber Stille? Still den Löffel in den Teller tauchen, still, den Stuhl rücken, still gehen etc. Das möchte ich nicht. (4. ERKENNTNIS) Viele machten sich augenscheinlich auch das zur Aufgabe und das sah für mich bisweilen sehr komisch aus...
So und jetzt mal der Reihe nach.
6.00 Uhr Aufstehen und 6.30 bis 7.00 Uhr Gehmeditation.
Das frühe Aufstehen fiel mir nicht schwer. (5. ERKENNTNIS). Ich bin aber auch stets spätestens um 21.30 Uhr eingeschlafen. Dank Smartphone-Wecker stand ich um 5.30 Uhr auf, denn ich brauche Zeit für meine Morgentoilette inklusive all der Erkältungs- und Hautsalben und -Pillen, die ich momentan benötige. Für meine drei fremden Zimmernachbarinnen aus einem anderen Seminar war es wahrscheinlich nicht so leicht. Ich weiss es aber nicht, denn dank Schweigegelübde konnte ich nicht fragen bzw. mich entschuldigen oder erklären...
Die Gehmeditation macht mir nur Spass, wenn ich sie gestalten kann. Dieses bewusste Zeitlupen-Geschleiche kenne ich schon aus dem Flamenco-Tanz. Da mag ich es und es macht Sinn für mich, beispielsweise am Anfang einer Solea oder Siguiryia. Aber sonst? Nein, nein nein. Diese vielen schlaftrunkenen, vermummten (die herbstliche Morgenkälte!) Gestalten, die das Areal rund um das Seminarzentrum in die Szenerie eines Zombie-Horrorfilmes verwandelten, erinnerten mich mit ihren mürrischen, in sich gekehrten Blicken und ihrem langsamen Gehen an die Gangarten, die mir sonst nur aus der Psychiatrie bekannt sind - sei es das Depressions-Geschlurfe oder der roboterartige Haldol-Walk. Keine angenehme Assoziation für mich. Dann lieber vor meinem inneren Auge und Ohr den kultigen Spielfilm abspielen, in dem Tony Manero, am Anfang durch die Strassen federt, und es ihm gleich tun ("Staying Alive"). Oder frisch, fromm, fröhlich, frei heraus schreiten in den erwachenden Tag - und das geht zügig nun einmal besser! (6. ERKENNTNIS)
7.00 Uhr Morgentee, 7.30 - 9.00 Uhr Yoga plus Meditation
Was soll ich sagen? Tee ist kein Kaffee. Aber ich bin hart geblieben, obwohl es für schlimme Bohnenjunkies auch Kaffe gab. Sogar mit Milch. Gut, dass ich daran gedacht habe, mir eigene leckere Teebeutel mitzubringen! Etwas Warmes zu schlürfen nach der eisigen Morgenluft tat in jedem Fall gut.
Das erste Mal "sitzen" (in der persönlichen Meditationspose - Lotus- Schneider-, Knie- oder Stuhlsitz - die Augen schliessen, sich versenken und auf den eigenen Atem fokussieren) funktionierte für mich stets einigermassen gut. Zumal mit wunderbarer Musik, wie es morgens der Fall war...
Viel Spass bereitete die Veit'sche "Volks-Yoga"-Session, eine spezielle ganzheitliche Turnstunde, in der der gesamte Körper mobilisiert wurde - bis zum kleinen Finger... in der anschliessenden von ihm geführten Trance, bei der wir ausnahmsweise liegen sollten, schlief ich leider immer ein... Immernoch. Wie auch bei der Montagsmeditation im Lifestream... Sanfte, eintönige Stimme + Liegen = ich schlafe ein... (nix Neues, dennoch 7. ERKENNTNIS)
9.00 - 10.30 Uhr Frühstück und Pause
Tja, das Essen. Morgens und Mittags gab es 3 Esslöffel Sojamilch- oder Schafsmilch-Joghurt mit je 1 Esslöffel Leinöl und einigen Tropfen Magenbitter. Dazu 1 Dinkel-Vollkornbrötchen, 3 Baset-Tabletten und nach dem zeitaufwändigen Essen (jeden Bissen mindestens 36 Mal kauen und "einspeicheln" - mmh, lecker...) wieder einen Tee. Hingabe hin oder her... das wurde nicht zum Vergnügen für mich, kein Wunder - denn: ein LECKERES Frühstück ist mir heilig! (8. ERKENNTNIS)
10.30 - 12.00 Uhr Talk, Sharing und Meditation
Das ähnelt grossteils dem, was ich in der Menschenlehrer- Ausbildung bereits kennen- und lieben gelernt habe. Unter anderem lernten wir buddhistisches Grundwissen über die Widersacher und Helfer in der Meditation (und im Leben). Schön, dass ausser mir noch ein paar andere Menschenlehrer-Kollegen dabei waren (unter 10), schade allerdings, dass wir nicht miteinander reden konnten. Das war eine echte Herausforderung. So viel gelächelt, wie in diesen 4 Tagen, habe ich selten, und ich lächele auch sonst gerne und oft. Aber was bleibt mir ohne Sprache? Naja, meinen erkälteten Stimmbändern hat die Schweigepause sicher gut getan. Glücklicherweise durften wir schreiben. Wobei mir mein iPad lieber ist als mein zu kleiner Notitzblock mit dem Fineliner, der langsam den Geist aufgibt. Ist das normal: Meine Gedanken scheinen inzwischen besser zu fliessen, wenn ich digital schreibe... (9. ERKENNTNIS)
Wir schrieben auch täglich unsere persönlichen Antworten zu einer Tagesfrage auf ein Flip-Chart. Was ist Dir heilig? Wofür bin ich dankbar? Was wird jetzt anders/neu? Weitere Fragen bekamen wir entweder auf DinA4 Blättern am Esstisch oder mündlich, bevor wir ins Bett gingen. Wobei uns davor meist noch ein stiller Saunabesuch entspannte.
12.00 - 13.00 Uhr Gehmeditation/Luft, bis 15.00 Uhr Mittagessen und Pause
Während ich stets brav ging (am See entlang, ums Haus oder ins Dorf) beobachtete ich viele aus unserer ca. 100-köpfigen Gruppe beim Sonnenbaden auf Liegestühlen oder im Gras, denn tagsüber hatten wir das Glück von klar- sonnigem Oktoberwetter! Am vierten Tag verstand ich warum: so eine Fastenkur schwächt doch ganz schön. Na gut, Kräfte schonen und in der Sonne liegen (vielleicht das letzte Mal dieses Jahr) fördert auch ganz prima die innere Einkehr. Nicht nur das seltsame Gehen, das ganze Setting erinnerte mich irgendwie stark an Klapse. Nur, dass ich dort reden und lesen durfte. Und die Raucher rauchen. Hier gibt es einige, die es sich während unserer strengen Stille-Zeit tatsächlich verkneifen. Dafür bewunderte ich sie und wünsche ihnen, dass sie besser gar nicht wieder anfangen (haben)...
Wobei... Ich werde auch wieder Käsefondue und Schokoeis essen... Ja, ich dachte viel ans Essen. Zwar war ich durch meine Stoffwechselkur mit ihren strengen Phasen bereits abgehärtet, aber dieses Joghurt-Quark-Leinöl-Dinkelbrötchen-Gemüsesuppe-Programm überbot ALLE meine bisherigen Diätwochen an Ödnis um ein Vielfaches!!!
Ich kann mir kaum vorstellen, das ohne das spezielle Setting vor Ort sonst überlebt haben zu können... (10. ERKENNTNIS)
15.00 - 16.30 aktive Meditation
Abwechslungsreich. Anders. Aktiv. Entweder Oshos Kundalinimeditation oder TranceDance oder Jeru Kamals Quantum Light Breath. Wenn Veit ankündigt, die Augenbinde möge angelegt werden, folgen meist über kurz oder lang ekstatische Geräusche, hier und da möglicherweise auch ebensolche Zustände... Lachen, Weinen, Schreien... aber nicht zwangsläufig.
16.30 - 17.30 Gehmeditation, bis 18.00 Uhr Stille Meditation
Da es Spätnachmittags schon wieder kühl wurde, war ein bisschen Bewegung an der frischen Luft recht ideal. Zumal die Luft im Allgäu wirklich frisch ist und wir solch ein Glück hatten, dass es nicht regnet... Ob dann noch so viele gegangen wären?!
Die stille Meditation machte ihrem Namen alle Ehre: ohne sprechenden Veit, ohne Om-Klänge und tibetische Mönchsgesänge saßen wir täglich diszipliniert bis zum Abendessen. Und bis ein Fuss eingeschlafen war, oder ein Bein. Was mir leider meistens passierte, autsch.
Was mir auch immer wieder passierte - dass mein innerer Fokus auf den kleinen Punkt zwischen Nasenloch und Oberlippe, wo mein Atem zu spüren ist, mich verliess. Es erinnert mich an Lucie, die auch meistens nur maximal 3 Schritte Fuss geht, bevor sie wieder irgendwohin zerrt. Lucies Fuss gehen und mein Fokus hängen also zusammen, aha. (11. ERKENNTNIS)
Das Schweigen galt leider allumfassend. So gesehen habe ich es doch nicht ganz durchgehalten, denn zwei Mal ertappte ich mich dabei, wie ich versehentlich, also automatisch mit mir selbst sprach... dieses auch einmal NICHT zu tun, war nicht nur schwierig sondern nicht steuerbar für mich. (13. ERKENNTNIS)... Dabei heisst es doch sonst immer, Selbstgespräche sind gesund...
18.00 - 19.00 Uhr Abendessen, bis 20.30 Uhr Talk, Sharing und Meditation
Mein Highlight des Tages: die Gemüsesuppe. Ja das hätte sie sein können. Sie war aber leider gänzlich UNGEWÜRZT. Dazu der beliebte Löffel Leinöl und nur ein halbes Dinkelbrötchen. Auch egal, ich ass die blöden Brötchen ohnehin nur am ersten Tag in Gänze... Jawohl, die blöden Brötchen, nix Hingabe hier... Um Meisterschaft gehts ja auch in der nächsten, der Ausbildungswoche noch...
Die Abendrunde fühlte sich an, wie eine nette Plauderei am Kaminfeuer, nur ohne Kaminfeuer. Das brannte dafür anschliessend im Saunaofen. Und die Sauna war ja schon immer ein Ort des Schweigens...
Jetzt weiss ich's! DAS behalte ich bei: in der Sauna schweigen.
Und sitzen werde ich. Will ich. Morgens und abends. Veit empfiehlt jeweils 20 Minuten, ich werde mal mit 5-10 Minuten beginnen...
Und mein Frühstück mit Mann, Hund, Ei, selbstgemachtem frischen Saft bzw. Smoothie, Chiasamen-frische Früchte-Joghurt werde ich noch mehr lieben!!!
Da brauche ich überhaupt gar kein Brötchen...